Was ist Chronifizierung
Wenn ein Schmerz länger als 3 bis 6 Monate andauert, besteht die Gefahr, dass das Leiden chronisch wird. Das bedeutet, dass der Körper dann nicht mehr in der Lage ist sich selbst zu helfen und eine Heilung aus eigener Kraft herbeizuführen. Dies ist sehr ungünstig, weil dann auch normale schulmedizinische Maßnahmen kaum noch heilen können, und auch Operationen können hier nicht immer Abhilfe schaffen. Oftmals ist mit konventionell-medizinischen Mitteln dann nur noch eine Linderung der Beschwerden zu erreichen.
In den Augen der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) werden chronische Zustände als Blockade, als Flußstörung, als Stagnation der Lebensenergie Qi und des Blutes bezeichnet. Dabei kann als Ursache oder als Folgeerscheinung auch eine Stauung im Fluß der Gedanken, der Emotionen eine große Rolle bei der Krankheitsentstehung spielen. Aus physiologischer Sicht könnte man von einer Reaktionsstarre des Organismus sprechen.
Woran merke ich, dass meine Beschwerden chronisch werden
Chronifizierung tritt oft schleichend auf. Typisch die Beobachtung, daß sich die Beschwerden nicht mehr wesentlich verändern und kaum noch auf Therapiemaßnahmen ansprechen. Der Körper versucht sich auf diese Weise damit zu arrangieren. Man lernt mit dem Problem zu leben, damit die Gesamtfunktion nicht allzusehr gestört wird. Das ist ja auch grundsätzlich eine sinnvolle Maßnahme des Körpers. Dennoch sollte eine Chronifizierung der Schmerzen unter allen Umständen vermieden werden. Vielfach wird im ärztlichen Gespräch vermieden darüber zu sprechen, sicher auch um die Patienten nicht zu entmutigen. Dennoch ist hier Offenheit eher angesagt, da bei anhaltender Passivität oder erfolglosen Bemühungen Therapieresistenz droht!
Wie kommt es zur Chronifizierung
Wer geht denn schon bei den ersten Anzeichen zum Arzt, denken die meisten, und damit haben sie ja auch grundsätzlich Recht. Oftmals ist einem die Natur des Beschwerdebildes am Anfang auch gar nicht genau bewußt. Nach einigen Tagen oder Wochen mit zunehmenden Schmerzen sucht man meist den Hausarzt/die Hausärztin auf und bekommt eine Salbe, Schmerztabletten oder ein Massage-Rezept. Das ist ja auch nicht so verkehrt, aber oftmals vergehen so viele Wochen. Schon nach ca. 6 Wochen wird es kritisch, weil die Diagnosestellung und die entsprechende Therapie bei einigen Schmerzsyndromen des Bewegungsapparates zunehmend schwieriger wird.
Die Schmerzforschung wendet große Mühen auf, die Rätsel zu lüften, die hinter den Chronifzierungsprozessen steht. Auch die Art, wie wir uns Dinge bewußt machen und psychisch verarbeiten, beeinflußt die Therapiebarkeit von Schmerzen.
Einige zentrale Mechanismen sind neurophysiologisch gesichert bei der Entstehung chronischer Schmerzen. Dazu zählen:
Wenn Schmerzreize ausreichender Intensität über einen längeren Zeitraum auf die Körperperipherie einwirken, kann es zur Ausbildung des sog. Schmerzgedächtnisses kommen. Darunter versteht man neuroplastische Veränderungen im zentralen Nervensystem, wodurch der Schmerz irreversibel engrammiert, abgespeichert wird wie auf einer Festplatte.
Welche Faktoren begünstigen Chronifizierung
Mit einiger Wahrscheinlichkeit läßt sich sagen, daß folgende Merkmale das Risiko erhöhen, einen chronischen Schmerz zu entwickeln: Belastungen mit Giftstoffen, z.B. Schwermetallen wie Amalgam (Quecksilber), viele Operationen, lange Medikamenteneinnahme (insbesondere Cortison), schlechter Allgemeinzustand, eine schwere Grunderkrankung, psychische Probleme und sog. Störherde.
Oftmals sind es mehrere Faktoren, die dazu führen, daß der Organismus, das Regulations- und Immunsystem, die Störung nicht in den Griff bekommen.
Was sind Störherde
Störherde oder Störfelder sind irritable Körperzonen, von denen eine permanente Reizwirkung auf das zentrale Nervensystem ausgeht. Dies hat zur Folge, daß es zu einer "Kommunikationsstörung" kommt zwischen den zentralnervösen und autonomen Zentren (Gehirn, Rückenmark, vegetatives Nervensystem).
Im Ergebnis führt dies zu einer Funktionseinbuße der peripheren Reflexsteuerung (wichtig z.B. für Hauttemperatur und Kreislaufregulierung).
Ein Störherd ist beispielsweise ein Narbenfeld, wie es insbesondere nach mehrfachen operativen Eingriffen auftreten kann. Solche Herde, auch Foci genannt, sind in der Lage den Organismus derart zu destabilisieren, daß er in der täglichen Auseinandersetzung mit der Umwelt, den Klimaschwankungen und den körperlichen und psychischen "Stressoren" seine Steuerfunktion teilweise einbüßt und Kontrollverluste hinnehmen muss. Wichtige Regulationszentren wie beispielsweise das Immunsystem werden dadurch außerordentlich störanfällig. Als Beispiel bietet sich die Infektneigung mit wiederholten Nebenhöhlenentzündungen an, die bei vielen Menschen zu beobachten ist. Aber auch unser Bewegungssystem, das ganze Gestell mit Knochen, Muskeln und Nerven wird labiler, reagiert wesentlich schwerfälliger mit der Folge von zunehmender Bewegungsunfähigkeit und Schmerzen.
Derartige Zustandsänderungen unserer körperlichen Leistungsfähigkeit werden im allgemeinen dann dem Alterungsprozeß zugeschrieben. Dieser Lebenspessimismus ist jedoch nur teilweise gerechtfertigt. Wesentliche Anteile der Bewegungsstörungen können auch in höherem Alter durch entsprechende Therapien zurückgewonnen und Schmerzen gelindert werden.
Therapie chronifizierter Schmerzbilder
Aus dem bisher Gesagten werden Sie entnehmen, daß die Therapie chronischer Schmerzsyndrome keine leichte Aufgabe ist. Die Schulmedizin, insbesondere die Schmerzforschung und ihre schmerztherapeutischen Gesellschaften, halten eine Therapie häufig nur insofern für möglich, als das Leiden erträglich gestaltet werden kann. Hierzu bedient man sich verschiedener Therapieansätze (sog. multimodale Therapiekonzepte). Dabei kommen physiotherapeutische (z.B. Krankengymnastik), psychotherapeutische (z.B. Schmerzbewältigungsstrategien) und insbesondere medikamentöse Verfahren zum Einsatz. Es werden hochpotente Wirkstoffe verabreicht insbesondere aus der Gruppe der Morphine (Opiate), der Antidepressiva und andere zentralnervös wirkenden Mittel (z.B. Antiepileptika). Derartige Medikamente sind bei stärksten Schmerzen manchmal nicht zu vermeiden und sollen nach gegenwärtigem Erkenntnisstand relativ frühzeitig eingesetzt werden, um die Ausbildung des Schmerzgedächtnisses (s.o.) zu verhindern. Naturgemäß ist eine solche Pharmakotherapie häufig von erheblichen Nebenwirkungen begleitet und meistens langfristiger Natur.
Wenn man einen anderen Weg gehen will, ist dazu ein fester Wille und Entschlossenheit vonnöten, da dieser Weg sich oftmals monatelang hinzieht und von Rückschlägen begleitet sein kann. Er muß jedoch mit großer Konsequenz beschritten werden, und er kostet Zeit und Geld. Vertrauen und Zuversicht zu den therapeutischen Maßnahmen sind notwendig. Es gibt wenig Investitionen, die derart lohnend sind!
Die Therapie chronischer Schmerzsyndrome ist wie ein Puzzle, das es zu entwirren gilt. Dies gelingt durch die Zuordnung der verschiedenen Schmerzanteile zur ihren Repräsentationsorganen. Häufig besteht eine große innere Unruhe und Nervosität, die dem vegetativen System zuzuordnen ist (der "sympathische" Anteil, der uns beispielsweise schwitzen und rot werden läßt). Maßnahmen, die die eigene "Mitte" wiederfinden lassen, sind hier von großer Bedeutung. Ein großer Anteil des Schmerzkomplexes findest sich in der Muskulatur wieder. Diese Muskelherde, häufig sog. Triggerpunkte, müssen ausfindig und unschädlich gemacht werden.
Ein weiteres "Muß"" bei der Therapie chronischer Schmerzen ist die Störherdtherapie. Diese erfolgt am elegantesten über die Ohr-Akupunktur nach Bahr und Nogier.
Im Verlauf der Therapie wird auch oft deutlich, welchen Anteil die Psyche am Gesamtgeschehen hat. Dem muß natürlich Rechnung getragen werden.
Wir können natürlich nicht jeden Schmerz beseitigen. Aber Linderung ist fast immer möglich. Der Therapieerfolg zeigt sich klinisch an den folgenden drei Parametern:
Sie müssen als Schmerzarzt viele Pfeile im Köcher haben und sie miteinander zum Einsatz bringen. Dies ist das A und O der Schmerztherapie - von Akupunktur bis Operation.
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